KINDESMISSBRAUCH

66-Jähriger muss wegen Kindesmissbrauch für drei Jahre in Haft

Dossenheim/Heidelberg. Die Heidelberger Jugendschutzkammer verurteilte gestern einen 66-Jährigen wegen Kindesmissbrauchs zu drei Jahren Haft. Der Mann hatte sich nach Überzeugung der Richter in Dossenheim jahrelang an den beiden Nichten seiner Ehefrau vergangen. Die Strafkammer befand ihn des sexuellen Kindesmissbrauchs in 15 Fällen sowie einer versuchten sexuellen Nötigung für schuldig. “Eine gebrochene Seele kann man nicht glattbügeln”, zitierte die Vorsitzende Richterin Danelia Kölsch eines der Opfer. Kindesmissbrauch könne “Menschenleben zerstören” und sei “kein harmloses Gefummel”, so Kölsch.

Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Die Aussagen der beiden Frauen seien nicht “erlebnisfundiert”, glaubt Anwältin Andrea Combé, die auch Wettermoderator Jörg Kachelmann verteidigte. Möglicherweise hätten die Mädchen die Handlungen “falsch interpretiert”. Die Richter zeigten sich jedoch von der Schuld des Mannes überzeugt. “Die Vorwürfe haben sich in vollem Umfang bestätigt”, sagte Richterin Kölsch.

Bereits 1992/93 sei es zu den ersten Übergriffen im Ehebett des Onkels in Dossenheim gekommen, wo die Kinder öfters übernachteten. In dem Tatzeitraum waren die Mädchen zwischen sechs und zwölf Jahre alt. Zu den meisten Übergriffen kam es im Auto des Onkels, mit dem er damals Pizzen auslieferte. Sie sei mitgefahren, weil dieser die Straßennamen nicht lesen konnte, berichtete eine seiner Nichten. Der Mann hatte in seiner italienischen Heimat nur drei Jahre die Schule besucht. An abgelegenen Orten hielt er an, um sich an den Kindern zu vergehen.

Seine heute 26-jährige Nichte wollte lange nicht wahrhaben, dass sie missbraucht wurde. Als Elfjährige versuchte sie, sich umzubringen. Darauf erzählte sie einer Mitschülerin von dem Missbrauch. Auch ihrer Mutter kam dies damals zu Ohren. Doch sie glaubte ihrer Tochter nicht. Dadurch habe sich “das Leid des Kindes verschlimmert”, sagte Richterin Kölsch. “Um des Familienfriedens willen schwieg man.”

Auch die ein Jahr jüngere Schwester behielt das schreckliche Geschehen lange für sich. Bis zum Sommer 2013. Damals informierte sie die Familie des Angeklagten. Aus Sorge, dessen Enkelinnen könnte ein ähnliches Schicksal widerfahren. Erst jetzt entschlossen sich die Schwestern, den früheren Missbrauch anzuzeigen. Ursprünglich war in der Anklageschrift die Rede von über 300 Fällen. Im Laufe des Prozesses beschränkte man sich auf die gravierendsten Fälle, die anderen wurden eingestellt.

Nach dem Urteil brach der Angeklagte in Tränen aus, Angehörige fielen dem 66-Jährigen weinend um den Hals. Eine Frau kommentierte das Urteil so: “Da stimmt nichts.” Der Sohn des Angeklagten, der die Opfer mit dem Tod bedroht und deren Mutter verletzt haben soll, sei unter den Zuschauern gewesen, sagte Opferanwalt Silvio Käser. Der Nebenklagevertreter findet das unverständlich. Zu Beginn des Prozesses hatte er beantragt, ihn aus dem Saal zu weisen. Die Kammer lehnte dies jedoch ab. Wohl um kein Risiko einzugehen, wurden die Zuschauer vor Betreten des Saales gestern von mehreren Beamten durchsucht.

Der Angeklagte hatte sich vor Gericht nicht zu den Vorwürfen geäußert. Das Urteil liegt sechs Monate unter dem Antrag der Oberstaatsanwältin Dorothee Acker-Skodinis.

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