
«Man will diese schockierenden Bilder gar nicht sehen», sagt Roland Heimann, Vorsitzender der zweiten Abteilung des Bezirksgerichts Zürich, «aber Sie sammeln so etwas noch!» Der 83-jährige Schweizer lehnt sich ans Stehpult. «Ich begreife das heute auch nicht mehr», entgegnet er. Es sei «einfach so wie zu einem Zwang geworden: Wo hat es etwas, was man anschauen kann.»
Heute aber, heute könne er sich so etwas überhaupt nicht mehr vorstellen. «Ich könnte das nicht mehr, es interessiert mich auch nicht mehr.» Der Gerichtsvorsitzende runzelt die Stirn. Und er hat dazu allen Grund.
Zwei einschlägige Vorstrafen
Der Rentner wurde 2014 wegen Pornografie zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 100 Franken verurteilt. 2017 kam es zur zweiten Verurteilung wegen Pornografie. Nun musste er die Geldstrafe von 9000 Franken bezahlen und darüber hinaus 120 Tage gemeinnützige Arbeit leisten. Man hat ihm damals nicht nur Tausende von kinderpornografischen Dateien weggenommen, sondern auch Computer und Festplatten.
Gut zwei Jahre später verfügte er wieder über ein Arsenal von zwei Laptops, sieben Festplatten, fünf SD-Karten und einem USB-Stick. Darauf befand sich erneut eine vierstellige Zahl von Dateien mit minderjährigen nackten Mädchen in aufreizenden Stellungen, die sich an nackten Männern zu schaffen machten. «Kinderpornografie der übelsten Art», wie der Staatsanwalt vor Gericht sagt.
Warum das Ganze?, will der Richter wissen. «Ich dachte, es bringt mir etwas, aber ich hatte nicht einmal mehr eine Erektion», sagt der Beschuldigte. Allerdings habe er gehofft, dass der Konsum der Dateien «wieder etwas in Bewegung setzt».
«Ich bin ein alter Mann»
Der Mann leidet laut dem psychiatrischen Gutachter nicht nur an einer Pädophilie und einem gesteigerten sexuellen Verlangen, sondern auch an einer durch Alkohol verursachten psychischen Verhaltensstörung. Nach dem Konsum von Alkohol holte er sich die Dateien aus dem Netz. «Der Druck, nachzuschauen, kam immer wieder.»
Anderntags, wieder im nüchternen Zustand, habe er sich jeweils gefragt: «Was hast du jetzt wieder getan?» Und dann habe er Dateien wieder gelöscht – Dateien, von denen er «das meiste gar nicht angeschaut» habe. Tatsächlich stiessen die Behörden auf über 2000 gelöschte Dateien.
Der Mann hatte die Dateien nicht nur beschafft und besessen, sondern sie auch an andere Pädophile weitergeschickt. Heute will er davon nichts mehr wissen. In den dreizehn Monaten, die er bereits im Gefängnis sitze, sei ihm auch dank dem fehlenden Alkohol «bewusst geworden, wer ich bin – ein alter Mann, der sich schämen sollte, solche Sachen zu machen».
Verschärfte Massnahmen
Das Bezirksgericht verurteilte den 83-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten. In einem Monat wird er zwei Drittel seiner Strafe verbüsst haben. Dieser Monat soll helfen, ein ganzes Massnahmenpaket zu installieren. Der 83-Jährige will eine deliktpräventive Psychotherapie beginnen.
Der Verurteilte hat sich aber auch bereit erklärt, Medikamente zu schlucken, die einerseits das sexuelle Verlangen dämpfen und andererseits bei Alkoholkonsum zu Übelkeit führen.
Und er hat akzeptiert, dass sein Internetgebrauch periodisch kontrolliert wird.