Im Mai suchte die Polizei in einem Fall von mutmaßlichem Kindesmissbrauch in Kassel mit einem Foto nach einem Mann. Jetzt stellte sich heraus: Dieser ist unschuldig.
Im Mai dieses Jahres veröffentlichte die Staatsanwaltschaft Kassel ein Foto eines fremden Mannes mit einem Mädchen. Es bestand der Verdacht, dass der Mann das Kind missbraucht haben könnte. Die Ermittlungen haben ergeben, dass Mann und Mädchen in Tschechien leben und es keinen Missbrauch gegeben hat.
Dass im Internet Menschen zu Unrecht massiv beschuldigt werden können, zeigt folgender Fall: Im Mai dieses Jahres wandten sich die Kasseler Staatsanwaltschaft und Ermittler der Kripo wegen des Verdachts eines sexuellen Kindesmissbrauchs mit einem Bild an die Öffentlichkeit. Das Foto zeigte einen Mann mit einem Mädchen, die beide möglicherweise Verbindungen nach Kassel haben könnten.
Angeblicher sexueller Kindesmissbrauch: Fall lief bei “Aktenzeichen XY…ungelöst”
Nachdem jahrelange Ermittlungen zuvor nicht zur Identifizierung des Mannes und des Mädchens geführt hatten, baten die Ermittler die Bevölkerung um Mithilfe. Der Fall wurde auch in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY …ungelöst“ gezeigt.
Nach dem Aufruf habe es rund 100 Hinweise gegeben, teilen Polizeisprecher Matthias Mänz und Andreas Thöne, Sprecher der Staatsanwaltschaft Kassel, mit. Den Ermittlern sei es zwischenzeitlich gelungen, den Mann und das Mädchen auf dem Foto eindeutig zu identifizieren. Wie sich herausstellte, leben beide in Tschechien.
Durch die Zusammenarbeit und die Unterstützung der Behörden in Tschechien habe verlässlich geklärt werden können, dass das auf dem Foto zu sehenden Mädchen kein Opfer sexuellen Missbrauchs geworden ist.
Sexueller Kindesmissbrauch konnte von Polizei nicht ausgeschlossen werden
Demnach bestehe der Verdacht, dass ein Unbekannter sich des im Internet eingestellten fremden Fotos bemächtigte und dann behauptete, es handele sich um ihn selbst und seine Tochter. Zunächst schrieb der Unbekannte in einem Kleinanzeigenportal im Internet, dass er seine Tochter missbrauche. Das führte schließlich zu den Ermittlungen im Jahr 2016. Ein Mitarbeiter des Portals war auf die Anzeige aufmerksam geworden und hatte die Polizei eingeschaltet.
Im Vorfeld eines beabsichtigen Treffens mit einem anderen Nutzer, bei dem auch ein gemeinsamer sexueller Missbrauch des Kindes in Aussicht gestellt wurde, übersandte der Unbekannte das Foto. Dazu behauptete er, es zeige ihn und seine Tochter. Zudem gab der Unbekannte an, in Kassel zu wohnen. Aufgrund dieser Angaben konnte nicht ausgeschlossen werden, dass das auf dem Foto zu sehende Kind tatsächlich missbraucht wird, so Mänz und Thöne.
Verfasser der Chat-Nachrichten weiterhin unbekannt
Nachdem alle anderen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft gewesen seien und nicht zur Identifizierung des Mannes oder des Kindes führten, beantragte die Kasseler Staatsanwaltschaft einen Beschluss zur Öffentlichkeitsfahndung beim zuständigen Gericht. Durch einen Hinweis kam heraus: Der Mann auf dem Foto kommt aus Tschechien. Und das Kind ist seine Stieftochter.
Durch die weiteren Ermittlungen und Vernehmungen der beiden könne mittlerweile ausgeschlossen werden, dass sie im Zusammenhang mit den Chat-Aussagen des unbekannten Tatverdächtigen über angebliche Missbrauchshandlungen stehen. Deshalb habe die Staatsanwaltschaft Kassel das gegen den tschechischen Mann eingeleitete Ermittlungsverfahren am Montag dieser Woche auch eingestellt.
Der Verfasser der Chat-Nachrichten ist weiterhin unbekannt. Die Ermittlungen dauern an.