KINDESMISSBRAUCHVERHAFTETE TÄTER

Großvater vergeht sich mehrmals an Enkelkindern

Der Fall und das Verhalten des Angeklagten vor Gericht lösen bei den Richtern Kopfschütteln aus. Hat der Großvater nun ein vollständiges Geständnis abgelegt oder nicht? Oder versucht er die sexuellen Übergriffe auf seine neunjährige Enkeltochter, die laut Anklage mit Drohungen und Schlägen erzwungen waren, zu relativieren? “Sie eiern hier rum”, kommentiert Vorsitzende Richterin Eva Bezold die Aussage des 64-Jährigen.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Großvater schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes, Vergewaltigung und Körperverletzung vor. Das Martyrium begann im März 2018. Damals zog der 64-Jährige vorübergehend in die Wohnung seiner Tochter in einer Kommune im Landkreis Heilbronn ein. Er hatte Schwierigkeiten bei seinem Job im Ausland, wollte in Deutschland einen Neustart wagen.

Doch schon zwei Wochen nach dem Einzug begannen die Übergriffe, immer wenn die Eltern nicht zu Hause waren. Zuerst hat der Großvater die Enkelin aufgefordert, sie auf den Mund zu küssen. Als sie das nicht wollte, schlug er sie. Danach wurden die Übergriffe in rasanter Geschwindigkeit innerhalb von fünf Monaten immer heftiger, obwohl die Enkeltochter bei den Missbräuchen weinte und ihren Opa bat, von ihr abzulassen. Das nützte nichts. Der 64-Jährige verging sich weiter an dem Kind, bis es sich der Mutter anvertraute.

Als die Mutter das ganze Ausmaß erfährt, bricht sie zusammen

Die Mutter schildert vor dem Landgericht als Zeugin, wie sie ihren Vater zur Rede gestellt hat – im Beisein des Opfers. “Mein Vater fragte meine Tochter: Warum lügst du?” Die Neunjährige habe wiederum unter Tränen ihren Großvater gefragt: “Warum lügst du?” Die Mutter hat den 64-Jährigen sofort aus der Wohnung geworfen und ihn bei der Polizei angezeigt. Seit August 2018 sitzt er in Untersuchungshaft. Noch beim Haftrichter soll er alle Vorwürfe abgestritten haben.

Als die Polizei die Enkelin vernommen hat, “ist alles auf den Tisch gekommen”, berichtet die Mutter im Großen Strafkammersaal des Landgerichts. “Da bin ich zusammengebrochen.” Mittlerweile gehe es dem Kind gut, “auch weil sie psychologische Betreuung hat”. Die Enkelin fühle sich schuldig und sage: “Ich musste das machen, sonst bin ich die Böse.” Über die Übergriffe will sie nicht mehr sprechen. Die Mutter berichtet: “Wir blenden das aus.”

Und wie steht der Großvater heute zu den Vorwürfen? Verteidiger Rolf Schwager erklärt: “Mein Mandant räumt alle Vorwürfe gegen ihn ein. Die ganze Sache tut ihm leid. Er wird sich bei der Mutter entschuldigen und dem Opfer eine Aussage vor Gericht ersparen.” Die Vorsitzende Richterin will wissen: “Wie konnte es denn zu den Übergriffen kommen?” Antwort: “Ich weiß es nicht.” Ob er denn pädophile Neigungen habe und ob es vor dem Missbrauch der Enkelin andere Opfer gab, fragt die Richterin weiter. Auf beide Fragen antwortet der Angeklagte: “Nein.”

Richterin Bezold: “Was Sie sagen, klingt nicht so schrecklich überzeugend.”

Dann zweifelt der 64-Jährige doch die vorher über seinen Anwalt eingeräumten Vorwürfe an, stellt die in der Anklageschrift angegebene Anzahl der Missbräuche infrage. “Ich wollte nur mit ihr spielen.” Ob es ein, zwei oder drei Mal war, wisse er nicht mehr. Er habe das Kind auch nie geschlagen. Der Enkeltochter sei egal gewesen, was geschehen sei.

Opferanwältin Sophie Bechdolf-Reif fragt entsetzt: “Wollen Sie etwa sagen, dass die Enkelin alles freiwillig mitgemacht hat, dass Sie keine Angst vor Ihnen hatte, dass Sie Spaß hatte?” Das habe er nie behauptet, erwidert der 64-Jährige. Richterin Eva Bezold wirft ihm vor: “Man hat den Eindruck, Sie geben hier alles zu für einen Strafrabatt. Was Sie sagen, ist nicht so schrecklich überzeugend.” Punkt für Punkt geht die Richterin noch mal die Anklageschrift durch. Erst dann legt sich der Großvater fest: “Alles ist wahr, was da steht.”

Related Articles

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

Back to top button
Close