Göttingen. Über Jahre hinweg hat ein Mann aus Einbeck ein Mädchen missbraucht. Doch er konnte nicht verurteilt werden – obwohl der Angeklagte nicht erwiesen unschuldig ist.
Mit einem Freispruch ist am Montag vor dem Landgericht Göttingen ein Missbrauchsprozess gegen einen Einbecker zu Ende gegangen, obwohl die Kammer davon ausgeht, dass der Angeklagte ein Mädchen missbraucht hat.
„Es ist kein Freispruch wegen erwiesener Unschuld“, betonte der Vorsitzende Richter Michael Kalde. Die Kammer habe den 49-jährigen Mann freisprechen müssen, weil die betroffene Zeugin die Taten nicht so exakt habe schildern können, wie es für eine Verurteilung erforderlich sei. dabei handelte es sich um die Tochter seiner Ex-Frau, die er über Jahre hinweg missbraucht hat.
Damit folgte das Gericht den gleich lautenden Anträgen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung. Auch die Staatsanwaltschaft war am Ende der Beweisaufnahme zu dem Schluss gekommen, dass die vier angeklagten Taten nicht nachweisbar seien.
Tochter der Exfrau mehrfach missbraucht
Die Strafverfolgungsbehörde hatte dem 49-Jährigen vorgeworfen, zwischen 2013 und 2015 die damals zwölf beziehungsweise 13 Jahre alte Tochter seiner Ex-Frau in seiner Wohnung in einer Einbecker Ortschaft mehrfach missbraucht zu haben. Bei einem Vorfall soll er nach einem sexuellen Übergriff auf ihren Rücken ejakuliert haben. „Dass sich so etwas mal ereignet hat, davon gehen wir aus“, sagte der Vorsitzende Richter. Es habe sich aber nicht genau klären lassen, wann dies gewesen sei.
Im Kern glaube man der Zeugin, sagte der Vorsitzende Richter Michael Kalde. Das Gericht sei überzeugt, dass ihre Schilderungen grundsätzlich erlebnisbasiert seien. Sie habe glaubhaft immer gleiche Tatgeschehen geschildert.
Die Kammer wisse aus vielen anderen Verfahren, dass es bei sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Missbrauchstaten für Betroffene häufig schwierig sei, sich genau an einzelne Taten zu erinnern. „Das ist eine sehr bittere Erkenntnis“, sagte der Vorsitzende Richter. Die Rechtsprechung verlange aber den konkreten Nachweis von Einzeltaten, die sich voneinander abgrenzen lassen.
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Anders als von der Verteidigung behauptet, sah das Gericht keine Anhaltspunkte dafür, dass die von der heute 17 Jahre alten Tochter seiner Ex-Frau geschilderten Missbrauchstaten auf Eigensuggestion beruhten. Sie habe den 49-Jährigen auch nicht absichtlich falsch beschuldigt, dafür gebe es kein Motiv.