
Pädophiler Ex-Priester im Gefängnis getötet
Der Sexskandal, der seit Jahren die katholische Kirche in den Vereinigten Staaten erschüttert, hat ein weiteres Opfer gefordert. Der 67-jährige ehemalige Priester John Geoghan, der wegen sexualen Missbrauchs von Kindern in einer Strafanstalt bei Boston eine zehnjährige Gefängnisstrafe absitzen musste,
25.08.2003
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Der Sexskandal, der seit Jahren die katholische Kirche in den Vereinigten Staaten erschüttert, hat ein weiteres Opfer gefordert. Der 67-jährige ehemalige Priester John Geoghan, der wegen sexualen Missbrauchs von Kindern in einer Strafanstalt bei Boston eine zehnjährige Gefängnisstrafe absitzen musste, wurde am Samstag von einem Mitgefangenen getötet. Über das Motiv des 37-jährigen Täters, der eine lebenslange Strafe wegen Mordes verbüsst, ist bisher nichts bekannt.
Symbolfigur für Verhalten der Kirche
Die Tat rückt das Strafverfahren gegen Geoghan, das in den USA grosse Aufmerksamkeit gefunden hatte, wieder in den Mittelpunkt des Interesses. Obwohl es keineswegs der erste Prozess gegen einen pädophilen Priester gewesen war, gewann das Verfahren über den Einzelfall hinaus Bedeutung, weil die in diesem Zusammenhang veröffentlichten Fakten und Dokumente weiten Kreisen der Bevölkerung sichtbar machten, dass die Führung der Erzdiözese Boston von den Vergehen des Priesters seit Jahrzehnten gewusst und sie vertuscht hatte. Dies liess Geoghan zu einer Symbolfigur für das Verhalten der Kirche werden und löste einen Skandal aus, der immer noch nicht überwunden ist.
Die Tatsache, dass die Kirchenbehörden solche Geistlichen nicht aus dem Dienst entfernt, sondern von Gemeinde zu Gemeinde versetzt hatten, ohne deren Mitglieder zu warnen, rief ein solches Ausmass an Empörung in der Öffentlichkeit hervor, dass Kardinal Bernard Law, der Leiter des Erzbistums Boston, zum Rücktritt gezwungen wurde. Seither hat die katholische Bischofskonferenz der Vereinigten Staaten eine Reihe von Reformen beschlossen, die Wiederholungen verhindern sollen. Ihre Umsetzung kommt jedoch nur langsam voran. Insgesamt sind seit der Verurteilung von Geoghan im Januar 2002 rund 300 pädophile Priester suspendiert worden.
Unabhängig von den Strafprozessen gegen einzelne Geistliche sind verschiedene Zivilverfahren gegen die katholische Kirche anhängig. 86 Personen, die angegeben hatten, von Geoghan belästigt worden zu sein, erhielten inzwischen in einem Vergleich von der Erzdiözese Boston den Betrag von 10 Millionen Dollar. Um auch den Rest der anhängigen Fälle zu einem Ende zu bringen, bot die Erzdiözese am 8. August dieses Jahres eine Summe von 55 Millionen Dollar an, die in der vergangenen Woche auf 65 Millionen Dollar erhöht wurde. Verhandlungen darüber finden gegenwärtig statt.
Ungenügende Sicherheitsmassnahmen
Die Tötung Geoghans hat in den USA Betroffenheit ausgelöst und die Frage nach der Sicherheit innerhalb von Strafanstalten aufgeworfen. Wie es heisst, soll der ehemalige Priester seine Strafe in einem Gefängnisteil verbüsst haben, der ihm und 23 anderen Insassen einen gewissen Schutz vor Gewalt durch Mithäftlinge bieten sollte. Dieser bestand offensichtlich darin, dass die Gefangenen nachts in Einzelzellen schliefen. Warum sich in einer solchen Einheit auch der Raubmörder Druce befand, ist bisher nicht bekannt geworden. Eine Untersuchung der Vorgänge ist angeordnet worden.