Göttingen. Ein wegen Kindesmissbrauchs angeklagter Arzt hat am Dienstag vor dem Landgericht Göttingen ein Geständnis abgelegt. “Ich gestehe alle Taten”, sagte der 55-Jährige. Weitere Aussagen wollte er nicht machen.
Der frühere Arzt Norbert V. muss sich vor dem Landgericht Göttingen wegen wiederholten sexuellen Missbrauchs eines 13-jährigen Mädchens verantworten. Der Angeklagte, der in den 1990er-Jahren eine Praxis für Allgemeinmedizin in Göttingen hatte und sich auch bereits dort mit spektakulären Aktionen in Szene setzte, wirkte zum Prozessauftakt nur noch wie ein Schatten seiner selbst: Ein sichtlich abgemagerter Mann mit langen grauen Haaren, üppigem Bart und schwarzer, hoch geschlossener Kleidung.Aktualisiert um 19.35 Uhr.
Während er früher auch vor Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften in Korea und China, wo er für Hilfsorganisationen tätig war, nicht zurückscheute, hielt er diesmal den Blick gesenkt, als ihn Justizbeamte in Handschellen in den Verhandlungssaal führten. Der 55-Jährige war Ende Dezember nach einem Hinweis der Eltern des Mädchens festgenommen worden. Er sitzt seitdem wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft.
Ursprünglich hatte ihn die Staatsanwaltschaft wegen 21 Missbrauchsfällen angeklagt, das Gericht ließ jedoch nur 14 Anklagepunkte zu. Laut Anklage soll Norbert V. ab Juni vergangenen Jahres das 13-jährige Mädchen wiederholt sexuell missbraucht haben. Dabei soll er auch mehrfach ungeschützten Geschlechtsverkehr mit ihm gehabt haben. Die Taten sollen auf Wiesen und Waldlichtungen im Göttinger Umland sowie im Wohnhaus seiner geschiedenen Ehefrau stattgefunden haben. Weil der Angeklagte keine weiteren Details nennen wollte, will das Gericht in seiner nächsten Sitzung das heute 14-jährige Mädchen als Zeugin vernehmen.
Der 55-Jährige hatte 1998 schon einmal in Göttingen auf der Anklagebank gesessen. Damals verurteilte ihn das Amtsgericht zu einer Geldstrafe, weil er nach einem Zivilprozess im Göttinger Gerichtsgebäude unter den Augen von rund 60 Patienten und vor laufenden Kameras mit einer Schreckschusspistole hantiert und sich aus Protest gegen das Gesundheitsstrukturgesetz eine Treppe heruntergestürzt hatte. Später war der Mediziner mehrere Jahre für internationale Hilfsorganisationen in Asien aktiv. Nach eigenen Angaben lebt er seit fünf Jahren wieder in Göttingen. (nie/bas)