KINDESMISSBRAUCH

Sieben Jahre Haft für Ex-Kommunalpolitiker

Der sogenannte „Mann mit zwei Gesichtern“ wurde unter anderem wegen Körperverletzung und Kindesmissbrauchs verurteilt.

Das Landgericht Hanau hat den früheren Stadtverordneten Jens N. wegen gefährlicher Körperverletzung, sexuellen Missbrauchs, Vortäuschung einer Straftat, Urkundenfälschung und Besitzes von Kinder- und Jugendpornografie zu sieben Jahren Haft verurteilt. Es folgte damit dem Antrag des Staatsanwalts. Der Vorsitzende Richter Peter Grasmück sagte am Mittwoch, der Langenselbolder N. habe zwei Gesichter. Einerseits könne er kontrolliert, überzeugend, auch manipulativ sein, andererseits sehr aggressiv – vor allem, wenn er sich aufgrund seiner „narzisstischen Persönlichkeitsstörung“ herabgesetzt fühle.

Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass N. deshalb seiner Noch-Ehefrau – nachdem sie sich von ihm getrennt hatte – im Januar 2018 nachts in Seligenstadt auflauerte, mit einer Holzlatte auf sie eindrosch und ihr „potenziell lebensgefährliche Verletzungen“ zufügte. Grasmück sprach von vielen Bausteinen, die zu einer einhelligen Entscheidung der Kammer führten. So passe die von Zeugen beschriebene Statur des Täters zu N., zudem wurde ein dunkler Kleinwagen am Tatort gesehen. Der 47-Jährige hatte zuvor einen schwarzen Corsa gemietet; die Veränderung am Kilometerstand entspricht den Wegen, die N. für die Tat habe zurücklegen müssen.

Erpressung und Drohung mit Vergewaltigung

Der behauptet, ein Anrufer habe seit September 2017 gedroht, seine Tochter zu vergewaltigen, erst Geld gefordert und schließlich, das Auto zu mieten und in Langenselbold abzustellen. Die Kammer hält die Angaben für eine Täuschung – auch weil N. die Erpressung erst anzeigte, nachdem er erfuhr, dass die Polizei von einem solchen Fluchtwagen wusste.

Beim Missbrauch fiel besonders die Aussage der laut Grasmück „perfekten Zeugin“ ins Gewicht. Die damals Zwölfjährige erhielt Drohbriefe, in denen sie zu sexuellen Handlungen aufgefordert wurde, die sie fotografieren lassen sollte. Vor Gericht legte sie glaubwürdig dar, wie N. ihr nachgestellt und gesagt habe, er werde einen Weg finden, damit sie zusammenkommen. Das Schreiben weise Parallelen zu anderen von N. auf, wie die Dessous-Affinität und das verlangte Posieren.

Grasmück ist überzeugt, dass N. auch den Brief schrieb, in dem sich seine Frau bezichtigt, im März 2017 einen anderen Überfall fingiert und ihn beschuldigt zu haben, um im Sorgerechtsstreit zu siegen. Laut Gutachten ist eher davon auszugehen, dass ihre Unterschrift gefälscht ist. Und die Diktion sei die von N., sagte Grasmück.

In seinen letzten Worten, die einem langen Plädoyer glichen, wies N. die Vorwürfe zurück. Nach dem Urteil wirkte er nur kurz niedergeschlagen, die Verteidigung wird wohl Revision einlegen. Der Angeklagte sprach von einem Generalverdacht gegen ihn, keinerlei Beweisen und moniert, die Polizei habe nicht in andere Richtungen ermittelt – gerade bei der Erpressung. Den Corsa, in dem keine Tatspuren gefunden worden seien, hätte er doch nicht auf seinen Namen gemietet, wenn er jemanden überfallen wollte, sagte er. Und eine Straftat hätte die Niederlage im Streit um die Kinder bedeutet. Er habe kein Motiv, auch nicht für die Brieffälschung; Anfang 2018 habe er nach vorne geschaut, sich neu verliebt. Der Stil in den Briefen an die Nachbarstochter sei nicht seiner, es fehle das Persönliche. Die kinder- und jugendpornografischen Bilder seien ihm „draufgespielt“ worden.

Attacke 2017 in Dietzenbach

N. argumentierte intensiv damit, dass er für die Attacke 2017 in Dietzenbach als Verdächtiger ausscheide – was für ein Komplott oder andere Täter spreche. Die Tat wurde um 6.45 Uhr begangen, um 7.12 Uhr habe ihn aber eine Kamera in Langenselbold gefilmt. Zeugen hätten ihn schon um 6.50 Uhr in seinem Wohnort gesehen.

Grasmück widersprach: Von erwiesener Unschuld könne keine Rede sein. Die Ermittlungen waren eingestellt worden, was jedoch nur bedeute, dass der Staatsanwalt die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung auf unter 50 Prozent bezifferte. Es sei möglich, die Strecke in knapp 30 Minuten zu fahren. Und die Zeugenaussagen seien nicht richtig geprüft worden.

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