Die Staatsanwaltschaft bestätigte auf GAZ-Anfrage einen am Dienstag ausgestrahlten Beitrag von “Report Mainz” über einen Übergriff auf ein zehnjähriges Mädchen Ende April an der Rödgener Straße. Der 47-jährige Tatverdächtigte befinde sich auf freiem Fuß, erklärte Thomas Hauburger als Pressesprecher der Ermittlungsbehörde. Weiter in Untersuchungshaft sei ein 24-Jähriger, der im August eine Achtjährige zu missbrauchen versuchte (die GAZ berichtete). In zwei weiteren Fällen, die 2015 in Gießen angezeigt wurden, seien die Verfahren wegen mangelnden Tatverdachts eingestellt worden.
“Report” schilderte den Fall als Beleg dafür, dass Massenlager “kein sicherer Ort für Kinder” seien. Das sagt die Flüchtlingsberaterin Maria Bethke vom Evangelischen Dekanat Gießen im Film. Sie kritisierte, dass die Zehnjährige und ihr alleinerziehender Vater nach dem Vorfall weiter in einer Großunterkunft leben. Die kleine Syrerin “hatte nicht die Möglichkeit, rauszukommen aus dieser angstbesetzten Situation, wo sie schutzlos Männern ausgeliefert ist”.
Das Regierungspräsidium teilte der Fernsehredaktion mit, der Vater habe eine Verlegung abgelehnt. Das bestreitet er.
In einem Zelt soll sich der 47-jährige Syrer in der Nacht zum 29. April an dem Mädchen vergangen haben. Zweieinhalb Monate nach der Anzeige wegen mutmaßlichen schweren sexuellen Missbrauchs sei er noch nicht befragt worden, sagte Bethke. Das Mädchen befinde sich in Therapie. Laut Hauburger dauern die Ermittlungen an. Der Beschuldigte befinde sich nicht mehr in Gießen.
Anklage hat die Staatsanwaltschaft kürzlich gegen den 24-jährigen inhaftierten Pakistaner erhoben, der am 7. August in der Rödgener Straße versucht haben soll, eine Achtjährige in einer Toilette zu missbrauchen. Die Mutter verhinderte das. Zudem soll es im März dort zu zwei sexuellen Annäherungen an Kinder gekommen sein. Die Beschuldigten stammten aus Syrien und Äthiopien, ihnen ließ sich nichts nachweisen.
“Bild” hatte im Sommer berichtet, in der Rödgener Straße seien sieben Sexualstraftaten aktenkundig: Drei Vergewaltigungen, drei Fälle von Kindesmissbrauch sowie eine Selbstentblößung. Damals hatte Polizeisprecher Jörg Reinemer erklärt, ihm seien bloß vier Taten bekannt. Verdächtig sei jeweils der 24-Jährige. Auf erneute Nachfrage sagte Hauburger nun, die Ermittlungsbehörden machten Sexualstraftaten nur in Ausnahmen öffentlich (siehe Kasten). Die unterschiedlichen Angaben erklärt das freilich nicht.
Sichere Unterkünfte sowie Sanitärbereiche für Frauen und Kinder werden in Gießen seit Monaten gefordert. Der Landkreis plant ein Haus für weibliche Flüchtlinge. Laut “Report” hat die Europäische Union die Mitgliedstaaten 2013 verpflichtet, “geschlechtsbezogene Gewalt” in Flüchtlingsunterkünften zu verhindern. Deutschland habe es versäumt, dazu Maßnahmen zu ergreifen.